Teil 2 – Von Zahlen zu Zielen: Wie Andrea Vonmoos für die Ironman-WM trainiert

Zahnarzttermine, Arbeitsalltag und knallharte Trainingseinheiten – unsere Andrea Vonmoos bereitet sich mit Leidenschaft und Disziplin auf die Ironman 70.3 Weltmeisterschaft 2025 in Marbella vor. Im Interview spricht sie über Rückschläge, Routinen und die Freude am Weg zum Ziel.

Teil 2 – Von Zahlen zu Zielen: Wie Andrea Vonmoos für die Ironman-WM trainiert

Triathlon ist mehr als nur ein Sport – es ist eine Lebenseinstellung. Das zeigt unsere Andrea Vonmoos, die im November 2025 bei der Ironman 70.3 Weltmeisterschaft in Marbella an den Start geht. Trotz Vollzeitjob, gesundheitlicher Rückschläge und einem intensiven Trainingsplan bleibt sie fokussiert, motiviert und überraschend gelassen. In unserem zweiten Teil der Serie gibt sie Einblicke in ihren Trainingsalltag, spricht über mentale Stärke und erzählt, warum auch schlechte Tage dazugehören.

a&f systems: Liebe Andrea, die Ironman-WM rückt näher – wie ist die Lage bei dir?

Andrea: Ich musste zuletzt innerhalb von sieben Tagen fünf Mal zum Zahnarzt mit Abzessbehandlung und anschliessenden Zahnextraktion, was etwas an die Substanz ging – das war hart, aber danach stand meinem Trainingsstart am 30. Juni 2025 nichts mehr im Weg. Es sind genau solche Momente, die einen stärker machen – und in denen man gut auf den eigenen Körper hören sollte. Rückblickend betrachte ich dies positiv, dass mir das zwei Wochen vor dem Trainingsstart passiert ist. Denn ich habe mich fit gefühlt und hätte bei diesem Wetter vermutlich zu viele Kilometer in den Laufschuhen oder auf dem Rennvelo absolviert. So wurde ich etwas ausgebremst. Aber gegen etwas Bewegung auf dem Bike sprach nichts – so slowmotionmässig!

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a&f systems: Wie oft trainierst du momentan? Wie sieht ein typischer Trainingstag aus?

Andrea: Meine Trainingsplanung erfolgt in Abschnitten von vier Wochen. Dabei gibt es intensive als auch weniger intensive Wochen. Zum Beispiel vom 14. bis 20. Juli: In dieser Woche fand das Spitzenleichtathletik Luzern statt, bei welchem ich im OK mitwirke. So standen in dann auch nur 11 Trainingsstunden mit lockeren Einheiten an. Nach dem Ironman 70.3 in Rapperswil (dazu später) habe ich mir eine einmonatige Pause vom strukturierten Training gegönnt. Es gilt Sport zu treiben ohne Plan, den Kopf lüften und Energie für die WM zu tanken. Denn mit einem Arbeitspensum von 100% ist ein Break zwischendurch umso wichtiger.

Detaillierte Einblicke in mein Training gebe ich nicht, aber hier ein paar Beispiele:

  • Am Morgen vor der Arbeit Long jogg um den Sempachersee oder in der Mittagspause ein Laufintervall
  • Am Abend Schwimmtraining oder 40–60 Kilometer auf dem Triathlon-Rad

Oder:

  • Morgens Krafttraining vor der Arbeit
  • Abends lockerer 10-Kilometer-Dauerlauf
  • Oder auch Tage mit nur einer Trainingseinheit

An den Wochenenden absolviere ich die etwas längeren Einheiten mit Koppeltraining. Das heisst, gleich nach dem Radtraining geht es in die Laufschuhe, damit ich einen reibungslosen Wechsel habe und ich mich daran gewöhne. Die Distanzen variieren: 50 bis 120 Kilometer Rad und anschliessend 2 bis 16 Kilometer Laufen.

Es gibt keinen typischen Trainingsalltag. Das ist wichtig, gerade wenn man die Sportart schon länger betreibt, soll man immer wieder neue Reize setzen – z. B. Sprintintervalle (3 Serien à 8×15 Sekunden ultraschnell mit jeweils 15 Sekunden Pause), oder Bergintervalle mit dem Rad, da die Velostrecke in Marbella einige Höhenmeter aufweisen wird. Beim Schwimmen steht für mich Technik an, hier habe noch viel Luft nach oben. Ein kompletter Ruhetag pro Woche ist schwierig, ich weiss jedoch, dass dies wichtig ist und daher halte ich mich auch daran.

Was macht ein Profi zwischen den Trainings? Er ruht sich aus und schläft viel. Erholung ist gleich wichtig wie das Training selbst. Im Moment trainiere ich zwischen 11 und 13 Stunden pro Woche, dazu kommen Stretching/Dehnen. Zirka alle zwei Wochen steht für die Regeneration ein Massagetermin an. Was für mich gut ist, gilt für mich und nicht für andere. Ich bleibe mir treu und vergleiche mich nicht mit anderen ­– ich will das Bestmöglichste aus mir herausholen und Qualität steht bei mir über Quantität. Wenn sich ein Profi zwischen den Trainings ausruht, darf ich zur Arbeit. Dies darf man nicht unterschätzen.

Im September wird es dann noch einen sehr intensiven Trainingsblock geben, bei welchem dem ich eine Woche reduziert arbeiten werde und mich spezifisch vorbereite.

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«Ich mache das nicht locker – ich mache das mit Leidenschaft»

a&f systems: Welche Wettkämpfe bestreitest du momentan?

Andrea: Die WM findet am 8. November statt. Davor plane ich ein paar kürzere Wettkämpfe, um Rennsituationen zu simulieren. Am 7. September starte ich beim Powerman in Zofingen (Kurzdistanz: 10 km Laufen, 50 km Rad, 5 km Laufen), zwei Wochen später beim Aarauer Triathlon (500 m Schwimmen, 20 km Rad, 5 km Laufen). Und, wenn das Wetter mitmacht, werde ich an der Sempachersee-Überquerung von Anfang August teilnehmen.

«Im Kopf passiert sehr viel – Ziele sind Brennstoff»

a&f systems: Wie bereitest du dich auf die Ironman 70.3 WM vor?

Andrea: Es sind noch gut drei Monate bis zur WM. Dank der Unterstützung der a&f systems ag und der Flexibilität kann ich mich voll aufs Training zu konzentrieren. Flug und Unterkunft sind gebucht – daher ist schon vieles organisiert. Sich mit Training auf einen Wettkampf vorzubereiten ist das eine, das andere ist auch der mentale Bereich. Im Kopf passiert jeweils sehr viel: Ziele sind der Brennstoff im Ofen des Erreichens. Dazu gehört auch ein anderes privates Leben, bei welchem es sich nicht um Sport dreht und ich mein soziales Umfeld geniessen darf. 

«Wenn’s läuft, dann läuft’s – und dann läuft’s grandios»

a&f systems: Mit Blick auf die Ironman WM: Wie schätzt du deine Chancen ein?

Andrea: Ich gebe nie Prognosen ab – dies tat ich auch nicht vor meiner Qualifikation. Viele haben mich damals auf mein Ziel angesprochen, aber von mir kam keine Antwort. Nur drei Personen in meinem engen Umfeld wussten, was ich erreichen wollte (ja es war die Quali). Ich wollte die Energie auf mich konzentrieren.

Daher: Wenn es läuft, dann läuft es – und dann läuft es grandios 😊. Ich freue mich auf die Vorbereitung, auf den Weg und auf meine Entwicklung. Und dann gibt’s einen unvergesslichen Zieleinlauf.

«Auch schlechte Tage gehören dazu – man wächst daran»

a&f systems: Hast du Rückschläge erlebt? Wie gehst du damit um?

Andrea: Wer glaubt, bei mir läuft alles reibungslos, liegt falsch. Viele denken: «Du machst das locker, du schaffst das schon.» Aber auch ich habe (wenn auch sehr selten), wie ganz viele andere auch, sagen wir mal so «suboptimale Phasen», dies gehört zum jeweiligen Prozess dazu.

Beispiel Rapperswil Anfang Juni: Es gibt Tage da läuft es und Tage wie diese. Egal ob Kopfschmerzen am Morgen, schwere Beine von Beginn und du statt vorwärts kommst auf der Strecke klebst. Man soll nicht immer nach Ausreden suchen, sondern einfach akzeptieren, wenn es nicht «dein Tag» ist, du nicht performen kannst und deine schlechteste Leistung überhaupt zeigst. Gerade auch an solchen Tag soll man dankbar sein. Im Ziel war ich weder enttäuscht noch gefrustet, sondern nur erleichtert das Race beendet zu haben. Loslassen, abhacken und nach vorne schauen.

Oder etwa drei bis vier Wochenvor dem Ironman in Belgrad bei meinem letzten 22-Kilometer-Dauerlauf: Es lief von Anfang an nicht so rund und ich dachte, ich gucke mal die nächsten 10 Kilometer bis Sempach. Die Schmerzen an der Hüftgegend gingen nicht weg. Ich konnte zwar springen, war aber nicht im Flow wie sonst. In meinen Kopf wechselte es immer zwischen «das geht, die Kilometer werden dir fehlen» und «fahr mit dem ÖV zurück». Doch ich brach das Training nach 11 Kilometern ab. Ich ging ein paar Mal in die Physio und sagte mir «alles gut, dein Körper benötigt nun etwas mehr Ruhe, damit er, wenn es darauf ankommt, performen kann». Die restlichen Lauftrainings habe ich dementsprechend angepasst. In Belgrad lief es prächtig und ich merkte während dem Rennen und auch danach nichts mehr.

Mein persönlicher Ehrencodex: Ich nehme keine Schmerzmittel, um Sport zu treiben und denke langfristig. Wenn ich die heutige Szene im Breitensport beobachte, macht mich dies stutzig. So viele Breitensportler nehmen Schmerzmittel ein. Ich frage mich, ob sich diese Personen bewusst sind, was sie sich antun.

«Ich brenne auf die WM – und auf den Weg dorthin»

a&f systems: Was sind deine Ziele für die kommenden Monate?

Andrea: Die nächsten Monate wird mein Ziel sein, gesund, fit und mit Spass zu trainieren (zum Spass gehören auch harte Trainings, bei welchen man auch mal beissen muss). Ich brenne auf Marbella, auf die WM – und auf meine Entwicklung von jetzt bis zur Finisherline am 8. November 2025.

a&f systems: Vielen Dank, liebe Andrea, für den erneuten, spannenden Einblick! Wir sind gespannt, wie deine Trainingsphase weiter verläuft!