KI, Digital First und Automatisierung – Die Herausforderungen der Medienbranche
Unser Sales-Experte Matthias Fischer wirft einen kritischen Blick auf die Herausforderungen von heute und morgen – und hat wertvolle Tipps für publizierende Unternehmen parat!
Erstellt von Marina Schinner am 23.05.2025 in a&f , Redaktion & Publishing , Künstliche Intelligenz

Er kennt die Medienlandschaft des DACH-Raumes wie kein Zweiter: Matthias Fischer verstärkt seit Mai 2025 das Sales-Team der a&f systems. Als international erfahrener Vertriebler mit über 25 Jahren Erfahrung im Verkauf beratungsintensiver Softwareprodukte und im Key Account Management ist er ein absoluter Experte für Verlags- und Redaktionslösungen. Das nehmen wir zum Anlass, mit ihm über die aktuellen Herausforderungen der Medienbranche zu sprechen.
a&f systems: Welche Herausforderungen beobachtest du, wenn es um die Medienlandschaft geht? Und wie sollten Verlage und publizierende Unternehmen mit diesen Herausforderungen umgehen?
Matthias: Die Medienlandschaft steht unter erheblichem Druck, sowohl wirtschaftlich, technologisch und gesellschaftlich. Für Zeitungs- und Magazinverlage sehe ich einige zentrale Herausforderungen:
- Vertrauen der Leser bewahren und in die digitale Welt übertragen
Printmedien geniessen nach wie vor ein hohes Vertrauen, bei digitalen Medien stagniert es aber. Das belegen Studien wie der Reuters Digital News Report 2024. Es gilt: Das vorhandene Vertrauen muss aktiv in digitale Kanäle mitgenommen werden. Z. B. durch Relevanz, Unabhängigkeit, Qualität und verantwortungsbewussten und transparenten KI-Einsatz. - Sichern der Wirtschaftlichkeit: Die digitale Rechnung geht (noch) nicht auf
Der Rückgang im Printgeschäft wird oft nicht durch digitale Einnahmen kompensiert. Wann die Mehrzahl der Verlage das erreichen wird, ist weiterhin unklar. Hinzu kommen grundlegende strukturelle Veränderungen im digitalen Ökosystem: neue disruptive Technologien und veränderte Nutzungsgewohnheiten, die bestehende Geschäftsmodelle unter Druck setzen. - Nutzung des technologischen Fortschritts
Die Produktion, insbesondere im Printbereich, muss effizienter werden. Automatisierung, bei Layout, Datenjournalismus oder der Ausspielung in verschiedene Kanäle spart Kosten und schafft Raum für kreativen Journalismus. Der Schlüssel? Moderne Headless-CMS-Systeme mit hoher Usability. Sie entlasten Redaktionen von technischen Hürden und ermöglichen es, Inhalte nutzerzentriert zu gestalten. - KI transparent und gezielt einsetzen
KI kann echten Mehrwerte schaffen, z. B. für Themenrecherche, Textanpassungen, für Zusammenfassungen oder in der Teilautomatisierung der Distribution. Wichtig: klare Richtlinien, Redaktionsbewusstsein, Transparenz und technische Kompetenz.
a&f systems: Welcher Trend hat sich in den letzten Jahren abgezeichnet?
Matthias: Der demografische Wandel verändert weiterhin die Mediennutzung: Print bleibt bei älteren Zielgruppen stabil, doch diese Leserschaft wird kleiner. Jüngere Zielgruppen erwarten digitale, flexible und personalisierte Inhalte.
Die Aufmerksamkeit dabei ist fragmentiert. Nutzer sind nicht mehr nur Leser im klassischen Sinne – sondern bewegen sich als Konsumentinnen und Konsumenten durch eine Vielzahl digitaler Plattformen und Kanäle wie Facebook, TikTok, Instagram, YouTube oder WhatsApp. Das Konsumverhalten der Nutzer ändert sich zwar kontinuierlich, es werden aber immer direkt verfügbare plattformspezifisch aufbereitete Informationen und Antworten erwartet, statt lineares Lesen.
Medienmarken entwickeln sich zunehmend zu digitalen Plattformen, die auf neue Nutzungsgewohnheiten und technische Entwicklungen reagieren. Mit hochwertigem, zielgerichtetem und visuell ansprechendem Content wird Vertrauen geschaffen. Gleichzeitig zeigt sich eine Rückbesinnung auf Qualität. Und damit Tiefe, Relevanz und Einordnung statt Masse. Medienmarken, die sich hier klar positionieren, schaffen Vertrauen und differenzieren sich nachhaltig. Webbasierte WYSIWG-Editoren und Headless-CMS-Systeme unterstützen hier die Content Creation für eine effiziente, kanalübergreifende Produktion.
a&f systems: Stichwort KI: Welche Chancen und Risiken siehst du?
Matthias: Künstliche Intelligenz ermöglicht eine signifikante Effizienzsteigerung, z. B. durch
- Datenrecherche
- Trend-Analyse
- Lesbarkeitsanalyse
- Bild- & Videobearbeitung
- Übersetzungen
- Zusammenfassungen
- Formatumwandlung von Inhalten
- Automatisierung
Redaktionen können Ressourcen sparen und diese gezielter in die journalistische Qualität investieren. Gleichzeitig eröffnen sich neue Nutzungsformen wie personalisierte Inhalte, Audioformate, Chatbots usw. mit idealerweise innovativen Nutzererlebnissen.
Auf der anderen Seite erhalten Nutzer durch neue Dienste immer häufiger direkt Antworten auf ihre Fragen, ohne die Verlagsangebote besuchen zu müssen. Dadurch besteht das Risiko des Wegbrechens von Sichtbarkeit und Traffic wie z. B. durch KI-generierte Antworten in Suchmaschinen. Ein weiteres Risiko sind mögliche Qualitätsverluste durch ungeprüfte Inhalte und Vertrauensverluste durch Intransparenz bei der KI-Nutzung: Diese können aber durch intensivere journalistische Kontrolle minimiert werden.
a&f systems: Wie hat sich die Medienlandschaft in den letzten Jahren verändert, gerade in Bezug auf KI?
Matthias: Im technischen Bereich werden KI-gestützte Tools vorrangig zur Produktionsunterstützung verwendet. In den meisten Redaktionen ist Künstliche Intelligenz zwar angekommen, wird aber noch nicht umfassend produktiv, sondern eher experimentell eingesetzt. Das Gute: Die Unsicherheit über den Einsatz von KI hat für eine intensive Debatte gesorgt. Und damit für die Schärfung von journalistischen Qualitätsstandards, Transparenz und ethisches Handeln. Verlage setzen auf klare Strukturen, Leitlinien und verlässliche Workflows. Der so entstehende Mehrwert muss transparent und nachvollziehbar dargestellt werden – innerhalb des Unternehmens und nach aussen für das Publikum. Nur so lässt sich das Vertrauen in den Journalismus langfristig sichern und der Einsatz von KI konstruktiv gestalten.
Angesichts der rasanten KI-Entwicklungen braucht es in Medienhäusern eine zentrale, interdisziplinäre Einheit, die kontinuierlich die neuesten Entwicklungen im KI-Bereich beobachtet, analysiert und diese auf Risiken und Chancen bewertet – und daraus Handlungsempfehlungen für den Verlag ableitet.
a&f systems: Ein Blick in die Glaskugel: Wie denkst du, verändert sich die Situation in den nächsten fünf Jahren? Was erhoffst du dir?
Matthias: Dank technologischen Entwicklungen, Erwartungen der Nutzer und wirtschaftlichen Druck wird sich die Medienlandschaft – und damit meine ich hauptsächlich News-Publisher, aber auch Magazinverlage – in den nächsten Jahren weiter stark transformieren.
Meine Prognosen:
- Digitale Transformation mit Fokus auf Relevanz:
Print bleibt in kleinen, hochwertigen Nischen bestehen, verliert aber weiter an Bedeutung. Digital wird zum Standard – aber nicht über Beliebigkeit, sondern über Relevanz. - KI-Einsatz wird zum Standard – aber mit Regeln:
Nach der Phase des Hypes wird sich ein professioneller, transparenter und qualitätsorientierter KI-Einsatz etablieren. Erfolgreiche Medienhäuser werden klare KI-Leitlinien haben, in denen der Mensch weiterhin die redaktionelle Verantwortung trägt. - Neue Geschäftsmodelle bieten neue Chancen:
In der zunehmenden Fragmentierung der Mediennutzung liegt auch die Chance, dass Verlage neue Standbeine aufbauen: Viel breiter aufgestellte Newsletter-Angebote, Audio only, mehrfach täglich aktualisierte E-Paper, thematisch fokussierte B2B-Angebote, datengetriebene Services oder exklusive Content-Formate und hoffentlich vieles mehr. - Technologie wird Produktionsmittel, nicht Selbstzweck:
Automatisierung in der Distribution und Headless-CMS-Lösungen werden weitere redaktionelle Ressourcen freisetzen – für Inhalte, die wirklich zählen. Der Fokus verlagert sich von «Mehr Output» hin zu «Mehr Wirkung».
Meine Hoffnung:
- Dass sich journalistische Qualität mit gut recherchierten Inhalten und starken Marken langfristig durchsetzt und dabei viele neue relevante Angebotsformate entstehen.
- Dass Technologie genutzt wird, um Journalismus besser – nicht billiger – zu machen.
- Dass Medienhäuser Vertrauen, Qualität und Wirtschaftlichkeit in Einklang bringen ohne dabei ihre Werte aufgeben zu müssen.
a&f systems: Was rätst du Medienunternehmen aktuell?
Matthias: Meine konkreten Empfehlungen:
- Denkt digital, aber nicht beliebig: Der Inhalt bleibt das Kapital.
- Konzentriert euch auf Relevanz statt Reichweite.
- Schafft Vertrauen beim Einsatz von KI – durch Transparenz, klare Haltung und offene Kommunikation.
- Investiert in Technologie – aber mit journalistischer Führung.
- Nutzt Automatisierung zur Effizienzsteigerung, nicht zur Inhaltsverflachung.
a&f systems: Herzlichen Dank, Matthias, für diesen spannenden Einblick! Wir freuen uns, dass du Teil unseres Teams bist!

Matthias Fischer
- Studierter Informatiker aus Quickborn (bei Hamburg)
- International erfahrener Vertriebler mit 25 Jahren Erfahrung im Verkauf beratungsintensiver Softwareprodukte und im Key-Account-Management
- Experte für Verlags- und Redaktionslösungen.
- Zuletzt zehn Jahre für die ppi Media GmbH in Hamburg tätig, in der Vergangenheit auch für CCI Europe (heute Stibo DX)